Barbara Grusnick leitete den Lübecker Sing- und Spielkreis von 1972 bis 1998.

Barbara Grusnick

Im Jahre 1972 kam es zu einem Bruch in der Geschichte des Lübecker Sing- und Spielkreises: Im Oktober des Heinrich-Schütz-Gedenkjahres gab Bruno Grusnick den Chor in die Hände seiner Frau Barbara. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Jugendchor aus etwa 50 bis 60 Sängerinnen und Sängern.

Seit dem Tod des Jakobi-Organisten Johannes Brenneke im Jahre 1968 war das bis dahin so harmonische Gespann Grusnick-Brenneke jäh zerbrochen. Zum Nachfolger Brennekes wurde Manfred Kluge von St. Aegidien nach St. Jakobi berufen. Mit ihm zog ein neuer musikalischer Stil in St. Jakobi ein. Zwar blieb die Kantorenstelle mit Bruno Grusnick besetzt, dennoch ergaben sich erste Komplikationen für das Bestehen des Lübecker Sing- und Spielkreises an St. Jakobi: Ein gewisses "Konkurrenzdenken" trat ein, da Manfred Kluge als Leiter des Bach-Chores über einen eigenen Klangkörper verfügte.

Bruno Grusnick und Hans-Jürgen Schnoor

Das Fortbestehen des Lübecker Sing- und Spielkreises wurde durch eine Vereinbarung gesichert: Manfred Kluge zeichnete für die großen Aufführungen verantwortlich, während sich Barbara Grusnick mit ihrem Jugend- und Kinderchor auf kleine musikalische Vespern beschränkte.

Im Jahre 1971 beging Manfred Kluge Selbstmord. Die Organistenstelle an St. Jakobi wurde zunächst kommissarisch durch den Kirchenmusikstudenten Hans-Jürgen Schnoor verwaltet. Als Bruno Grusnick 1972 mit 72 Jahren in den Ruhestand ging, wurden die Kantoren- und die Organistenstelle zu einer hauptamtlichen Kirchenmusikerstelle zusammengelegt, in die Hans-Jürgen Schnoor - als der jüngste von 15 Bewerbern - gewählt wurde.

Die Zusammenarbeit zwischen Schnoor und dem Lübecker Sing- und Spielkreis wurde schnell auf die Probe gestellt und scheiterte. Im Oktober 1972 verabschiedete sich der Lübecker Sing- und Spielkreis von St. Jakobi.

Domorganist Uwe Röhl reichte dem Lübecker Sing- und Spielkreis die Hand und holte den Chor an den Lübecker Dom. Das Angebot Röhls an Barbara Grusnick, am Dom zu Lübeck Vize-Kantorin zu werden, musste sie aufgrund ihrer Aufgaben als Lehrerin dankend ablehnen. Bereits nach kurzer Zeit am Dom sagte Uwe Röhl über den Lübecker Sing- und Spielkreis: "Ich verstehe überhaupt nicht, warum Jakobi Sie hat gehen lassen."

Als 1976 Armin Schoof neuer Organist an St. Jakobi wurde, ging der "große" Singkreis in der Jakobi-Kantorei auf.

Der heutige Lübecker Sing- und Spielkreis am Dom zu Lübeck ist auf die Initiative von Barbara Grusnick zurückzuführen. Bereits Anfang der 50er Jahre gründete Barbara Hille (Geburtsname) eine Kindergruppe. Die Kinder wurden dort für das Singen begeistert und konnten so später in den Jugendchor integriert werden. Die Philosophie Barbara Grusnicks war dabei stets, so viele Kinder wie möglich für das Singen im Chor zu gewinnen, auch die vermeintlich unbegabten. Denn viele Talente offenbaren sich erst während der Proben. Natürlich sprangen viele Kinder bzw.  Jugendliche wieder ab, aber genügend fanden auch Gefallen am regelmäßigen Musizieren.

Das Konzept wurde von Barbara Grusnick auch ab 1972 am Dom fortgeführt. Der Kinderchor, in dem der Nachwuchs für den Jugend- und den Kammerchor gewonnen wurde, probte immer montags in der Stresemannstraße 7, im dortigen Domgemeindehaus. Im Alter von etwa 14 Jahren stand den Kindern dann der Weg in den Jugendchor offen.

Domorganist Uwe Röhl konnte durch diesen zweiten Chor am Dom musikalisch aus den Vollen schöpfen. Schnell etablierte sich der Lübecker Sing- und Spielkreis auch durch die regelmäßige Gestaltung der 15 Uhr-Vesper am Heiligabend. Die Tradition, die Matthäus-Passion von Heinrich Schütz jährlich aufzuführen, wurde am Dom fortgesetzt.

Der Kinderchor wurde 1989 mangels Nachfolger eingestellt.

Im Jahre 1998, zum 70-jährigen Bestehen des Lübecker Sing- und Spielkreises gab Barbara Grusnick die Leitung des Chores an den Nachfolger Uwe Röhls als Domorganist, Hartmut Rohmeyer, ab.

Ganz verabschiedet hatte sich Barbara Grusnick aber nicht vom Lübecker Sing- und Spielkreis, bis 2007 leitete sie den Chor bei der 15-Uhr-Vesper an Heiligabend im Dom zu Lübeck. Außerdem war sie Ehrenmitglied des im Jahre 2004 gegründeten Vereins.